Fragen & Antworten rund um das Thema "Praktikum"
Absolventen und Berufsumsteiger, ALG I und ALG II
Arbeitsverhältnis und
Praktikum: Was ist der Unterschied?
Ein Praktikum dient dazu,
Personen berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu
vermitteln. Steht nicht die Vermittlung praktischer Erfahrungen und
Kenntnisse im Vordergrund, sondern die Erbringung von Arbeitsleistungen,
handelt es sich nicht um ein "Praktikum", sondern um ein
Arbeitsverhältnis.
Der "Praktikant"
ist dann in Wahrheit Arbeitnehmer und hat Anspruch auf eine angemessene
Vergütung. Dies gilt in einem solchen Fall übrigens auch, wenn ein
Vertrag abgeschlossen wurde, der die Bezeichnung "Praktikum" trägt.
Dürfen/müssen
Praktikanten auch an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen arbeiten?
Grundsätzlich dürfen
Arbeitnehmer und damit auch Praktikantinnen/Praktikanten an Sonn- und
Feiertagen nicht beschäftigt werden (siehe § 9 Abs. 1 ArbZG). Die 16
Ausnahmemöglichkeiten von dieser Regelung betreffen im Wesentlichen die
"klassischen Bereiche" von Sonn- und Feiertagsarbeit
(insbesondere Feuerwehr, Krankenhaus, Gaststätten, Unterhaltung, Sport,
Funk und Fernsehen, Messen und Ausstellungen usw. - siehe § 10 Abs. 1
ArbZG).
Werden erwachsene
Praktikantinnen/Praktikanten an einem Sonn- oder Feiertag beschäftigt, müssen
sie einen Ersatzruhetag haben. Der Ersatzruhetag muss bei Sonntagsarbeit
innerhalb eines Zeitraums von zwei, bei Feiertagsarbeit innerhalb von acht
Wochen gewährt werden (siehe § 11 Abs. 3 ArbZG). Mindestens 15 Sonntage
im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben (siehe § 11 Abs. 1 ArbZG).
Dürfen Praktikanten auch
Nachts eingesetzt werden?
Für erwachsene
Praktikantinnen/Praktikanten ist Nachtarbeit im Rahmen der Vorschriften
des Arbeitszeitgesetzes zulässig. Die Arbeit zwischen 23 und 6 Uhr (in Bäckereien
zwischen 22 und 5 Uhr) darf grundsätzlich 8 Stunden nicht überschreiten;
eine Verlängerung auf 10 Stunden täglich ist innerhalb eines
Kalendermonats bzw. 4 Wochen auf durchschnittlich 8 Stunden auszugleichen
(siehe § 6 Abs. 2 ArbZG).
Haben Praktikanten
Anspruch auf ein Zeugnis?
Für Absolventen einer
Ausbildung oder eines Studiums sowie für Berufsumsteiger gilt in der
Regel: Ja, denn es handelt es sich um ein Rechtsverhältnis, in dem der
Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund steht. Der Anspruch auf ein
schriftlichen Zeugnis entsteht grundsätzlich bei Beendigung des
Praktikums (siehe §§ 26, 16 Berufsbildungsgesetz).
Ist der
"Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er als
Arbeitnehmer Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis (siehe § 109
Gewerbeordnung).
Haben Praktikanten
Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
Handelt es sich um ein
Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund
steht, und besteht deshalb ein Anspruch auf angemessene Vergütung, hat
die Praktikantin/der Praktikant grundsätzlich Anspruch auf Fortzahlung
der Vergütung im Krankheitsfall (siehe §§ 26, 19 Berufsbildungsgesetz,
Entgeltfortzahlungsgesetz).
Ist der
"Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er wie jeder
Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung unter den
Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes.
Haben Praktikanten
Anspruch auf Urlaub?
Handelt es sich um ein
Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund
steht, haben auch Praktikantinnen und Praktikanten Anspruch auf jährlichen
Erholungsurlaub von mindestens vier Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz
(siehe §§ 26, 10 Abs. 2 BBiG, §§ 1,3 Bundesurlaubsgesetz).
Ist der
"Praktikant" tatsächlich Arbeitnehmer, so hat er wie jeder
Arbeitnehmer Anspruch auf jährlichen Erholungsurlaub von mindestens vier
Wochen nach dem Bundesurlaubsgesetz (siehe §§ 1, 3 BUrlG).
Haben Praktikanten
Anspruch auf Zahlung einer Vergütung?
Handelt es um ein
Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im
Vor-dergrund steht, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf angemessene Vergütung
(Link: §§ 26, 17 Berufsbildungsgesetz). Dies gilt für Praktika von
Absolventen einer Ausbildung oder eines Studiums sowie übrigens auch für
Praktika, die freiwillig und zusätzlich zur Ausbildung oder zu einem
Studium absolviert werden.
Wird das Rechtsverhältnis
zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine
Ar-beitsleistung erbracht, so hat der "Praktikant" als
Arbeitnehmer grundsätzlich einen An-spruch auf eine Vergütung (siehe §
611 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Das ist im Zweifel die übliche Vergütung
eines vergleichbaren Arbeitnehmers (siehe § 612 BGB). Üblich ist die
Vergütung, mit der entweder eine im Betrieb vergleichbare Tätigkeit vergütet
wird, oder eine, die in einem vergleichbaren Betrieb an dem selben Ort
oder im nächstgelegenen Ort für eine vergleichbare Tätigkeit bezahlt
wird.
Haben Praktikanten in der
Zeit eines Praktikums Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Für Arbeitslose, die ALG I
beziehen, und für von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen besteht grundsätzlich
die Möglichkeit, ein Praktikum als Trainingsmaßnahme durch die zuständige
Arbeitsagentur fördern zu lassen. Wichtig ist, sich vorher mit seinem
zuständigen Vermittler / Berater darüber zu verständigen.
Eine solche Trainingsmaßnahme
sollte zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten des / der
Arbeitslosen beitragen. Dies ist der Fall, wenn die Tätigkeit oder Maßnahme
1. geeignet und angemessen
ist, die Eingliederungsaussichten zu verbessern und
2. auf Vorschlag oder mit
Einwilligung der Agentur für Arbeit erfolgt
(siehe § 46 SGB III,
Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung)
ALG II-Bezieher
Ob während eines
Praktikums Leistungen zum Lebensunterhalt (Arbeitslosengeld II) gezahlt
werden können oder nicht, muss mit dem jeweiligen persönlichen
Ansprechpartner (Fallmanager) geklärt werden. Auf jeden Fall sollte mit
diesem vor der Aufnahme eines Praktikums das Gespräch gesucht werden.
Eine Zahlung von
Arbeitslosengeld II ist prinzipiell möglich, wenn ein unbezahltes
Praktikum absolviert wird. So kann in einer Eingliederungsvereinbarung
vereinbart werden, dass während der Teilnahme an einem unbezahlten
Praktikum keine weiteren Eingliederungsbemühungen notwendig sind - damit
kann das Arbeitslosengeld weiter gezahlt werden. Die letztendliche
Entscheidung trifft der zuständige Ansprechpartner.
Ist ein Praktikum
sozialversicherungspflichtig? Wann müssen Renten-, Kranken- und
Arbeitslosenversicherungsbeiträge gezahlt werden?
Für die Sozialversicherung
gilt der Grundsatz, dass sich die Versicherungspflicht kraft Gesetzes oder
Versicherungsfreiheit einer Beschäftigung allein aus den tatsächlichen
Verhältnissen des Beschäftigungsverhältnisses ableitet und nicht aus
den schriftlichen Vereinbarungen der Parteien.
Allein die Bezeichnung
einer Beschäftigung als Praktikum reicht nicht aus, um die damit
verbundenen versicherungsrechtlichen Entscheidungen zu beeinflussen. Ob
eine Beschäftigung im jeweiligen Zweig der Sozialversicherung
versicherungspflichtig ist oder nicht, richtet sich ausschließlich nach
den Voraussetzungen in den einzelnen Versicherungszweigen. Grundsätzlich
gilt, dass ein Praktikum, welches nicht zwingend in einer Studien- oder Prüfungsordnung
vorgeschrieben ist, sozialversicherungsrechtlich nicht als Praktikum,
sondern als versicherungspflichtige oder ggf. versicherungsfreie, weil
geringfügig entlohnte Beschäftigung zu betrachten ist.
Für den Bereich der
Arbeitslosenversicherung sind alle Studierenden an einer Hochschule oder
einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule versicherungsfrei. Das
bedeutet im Umkehrschluss, dass alle Praktika, die nach
dem Bildungsabschluss begonnen werden, versicherungspflichtig sind.
In der Kranken- und
Pflegeversicherung sind Praktikanten, die kein Arbeitsentgelt
erhalten, grundsätzlich versicherungspflichtig,
- wenn das Praktikum in
der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist;
- wenn nicht eine andere
Versicherung z.B. im Rahmen der Familienversicherung vorliegt,
- oder wenn der
Lebenspartner oder ein Kind dadurch familienversichert wird.
Es gelten besondere
beitragsrechtliche Vorschriften eines pauschalen Beitrags.
Ob die Voraussetzungen für
eine beitragsfreie Beschäftigung in einem zur Ausbildung gehörenden
Praktikum gegeben sind, hat der Arbeitgeber in seinen Entgeltunterlagen
nachzuweisen. Dies wird im Rahmen der Feststellung der
Versicherungspflicht bei Anmeldung der Beschäftigung und bei der
Betriebsprüfung kontrolliert.
Wird für die Beschäftigung
während des Praktikums ein Entgelt gezahlt, unterliegt
dieses der Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherungspflicht. Wird für das Praktikum jedoch kein
Arbeitsentgelt gezahlt, ist das Praktikum schon wegen der fehlenden
Beitragsbemessungsgrundlage für die Sozialversicherung unerheblich. Es
besteht keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung.
Wird das Rechtsverhältnis
zwar als "Praktikum" bezeichnet, tatsächlich aber eine
Arbeitsleistung erbracht und hat der "Praktikant" als
Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Vergütung, gilt das tatsächlich
zu zahlende Arbeitsentgelt für die Sozialversicherungsbeiträge in voller
Höhe, unabhängig davon, ob der "Praktikant" dieses auch tatsächlich
ausgezahlt bekommt. Sofern ein bösartiges bzw. mutwilliges Vorgehen des
Arbeitgebers vorliegt, macht sich dieser wegen Vorenthalten von
Sozialversicherungsbeträgen sogar strafbar und muss mit entsprechenden
Konsequenzen rechnen.
Kann man einen Anspruch
auf Vergütung auch noch einklagen, wenn das Praktikum bereits beendet
ist?
Wenn festgestellt wird,
dass in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis vorlag, kann man einen
Anspruch auf Vergütung (siehe § 611 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) auch
nach Beendigung der Tätigkeit unter Beachtung von tariflichen
Verfallfristen einklagen.
Können Praktikumszeiten
bei einer späteren Einstellung auf die Probezeit angerechnet werden?
Dient ein Praktikum nur dem
Kennenlernen des Berufslebens und ist es Teil der Schulausbildung oder
des Studiums, ist eine Anrechnung nicht möglich, da es sich in diesen Fällen
um einen Teil der Schulausbildung oder des Studiums handelt.
Handelt es sich um ein
Rechtsverhältnis, in dem der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Vordergrund
steht, und wird es unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung durchgeführt,
erfolgt eine Anrechnung der Praktikumszeit auf die Probezeit, wenn dies
einzelvertraglich vereinbart wird oder aufgrund einschlägiger
tarifvertraglicher Bestimmungen vorgeschrieben ist.
Quelle:
http://www.bmas.de/coremedia/generator/24534/fragen__und__antworten__absolventen__01.html
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